Im Treppenhaus, Privatwohnung
235 x 35 cm
Mischtechnik auf Stoff
Fotografie: Celia Brown
Rückseite Ausschnitt aus Whale wail
Die schmale Wand gibt der Stoffbahn einen Rahmen. Es sind mehrere Rahmen im Spiel. In der Zeichnung umzingelt die Zickzacklinie den Wal und bildet ein wackliges Rechteck. Es ist als ob das Tier aus diesem Käfig ausbrechen möchte. Es entspricht meinen Wunsch, selbst aus einem gewöhnlichen Bild auszubrechen. Als ich die Linie zeichnete, dachte ich an die Wege, die Wale zurücklegen, wenn sie um den Globus schwimmen. Die Beleuchtung (dank Konrad Wallmeier) erzeugt am obersten Ende der Stoffbahn einen halben Heiligenschein in Blau. Die Arbeit hat damit etwas vom Kirchenfenster –zu Ehren des Wals. Die Verbindung von Himmel und Erde wird durch das langestreckte Format suggeriert. Das Treppenhaus wirkt wie die Jakobsleiter, die Himmel und Erde verbindet. Im Bild sind die spiegelsymmetrische obere Hälfte und untere Hälfte aber gleichwertig. Das Obergeschoß ist ja auch nicht himmlischer als die untere Etage. Die Treppen herunterzulaufen ist nicht als ein Abstieg in die Unterwelt zu verstehen, das Totenreich. Von daher passt es, dass das Motiv in der Mitte – der Wahl oder Molch –sowohl tot als auch lebendig ist – wie Schrödingers Katze. (siehe Lecture Performance „Alice through a physics Lookin-Glass: Die Welt im Spiegel mit der Quantenphysiker Prof. Todd Huffman.)
Dieser Stoffbahn hier ist verwandt mit „Marine Monsters“ 2022, der in Avellino in der BBK Ausstellung „Kaleidoskop 2“ gezeigt wurde.
Die Spiegelungen erzeugen Körperteile wie Augen oder Ohren, monströse Mischwesen, die sehen oder hören können. Eine Klaviertastatur schimmert als vertikale Streifen durch, die mir ermöglicht, Akkorde zu spielen – ein vorbildlicher Mehrklang. Gleichzeitig werden die Saiten zum Schwingen gebracht, wie die kleinen Wellen im Teich, die meine suchende Hand im Gang setzte. Mehrere Sinne spielen ihre Rolle: Hören, Sehen, Tasten, Fühlen, Körperbalance. Vielleicht sind auch Schmecken und Riechen dabei?
Mein Gehirn und mein Körper speichern Erlebnisse, die sie merkwürdig finden und geben sie preis, sobald bei der künstlerischen Arbeit eine unerwartete Möglichkeit besteht. Erst Jahre später, sehe ich was sie bewirkt haben! Die Arbeit „Whale Wail“ ist noch viel zu frisch, um zu wissen, was „wirklich“ dahintersteckt. Für den/die Betrachter ist dies auch nicht unbedingt von Belang. Für mich ist es wichtig, dass die Arbeit eine tiefere Bedeutung hat. Es handelt sich nicht nur um ein Spiel mit Farben und Formen. Eine Erfahrung, die ich gemacht habe, möchte zum Ausdruck gebracht werden. Die Erinnerung, die hier dahintersteckt, dürfte aus dem Garten meiner Großmutter stammen. Dort habe ich als Kind viele vergnügliche Stunden am Teich verbracht. Ich fischte alles raus, was im Wasser lebte, um diese merkwürdigen Tierchen im Wasserglas genauer zu beobachten. Danach ließ ich sie wieder frei. Von daher, könnte der Wal für einen Kaulquappe stehen oder ein Molch evtl. ein Goldfisch. Ich träumte davon, mit Ihnen im Wasser zu leben. In meinem Bild scheint die Verwandlung von einem Frosch in einen Prinzen im bekannten Märchen, der an erster Stelle steht in den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm, in eine andere Richtung zu laufen: vom Menschen zum Frosch! Die Wölbungen um die Gestalt des Frosch-Mensch lässt an Froschlaich denken – vielleicht. Die natürliche Verwandlung im Leben eines Frosches und die fantastische Version im Märchen treffen sich in meiner Arbeit – ein Grundprinzip vieler meiner Bilder.
Celia Brown, Freiburg 2025